Das Original und das Dornröschen – Region: Oberaargau

Eine Oberaargauer Tracht wollte Ueli Liechti entwerfen. Die Mission seines Projektteams änderte sich jedoch, als feststand, dass es ein für die Region typisches Trachtenkleid bereits gegeben haben musste: eine Tracht, die allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg in Vergessenheit geraten war.

Marianne Gnägi, Präsidentin der Trachtenberatungskommission der BTV, erklärt, warum die neue Oberaargauer Tracht einzigartig ist. Videos: Chantal Desbiolles

Kaum waren das Projekt und eine alte Abbildung als Anhaltspunkt bekannt geworden, meldeten sich beim Buchser Lehrer und Musiker mehrere Trachteninhaberinnen. Allerdings zerschlug sich die Hoffnung der Buchser Schneiderin Jasmin Hugentobler, des Langenthaler Artdesigners Silas Bitterli und von Trachtenschneider Beat Kobel aus Schüpfen: Ein erhaltenes Exemplar dieses für den Oberaargau typischen Kleides aus den 40er-Jahren war nicht aufzufinden.

Stefan Costa, Co-Präsident des Vereins Identität Oberaargau hat, gefällt die neue Tracht sehr, obwohl er «keine Ahnung von Trachten» habe.

Das blieb so bis wenige Wochen vor der Taufe der wiedererweckten Trachtenversion am Dienstagabend im Schloss Wangen an der Aare. Während der Vorbereitungen stellte sich überraschend heraus, dass die Oberönzerin Silvia Fuhrimann eine besitzt und trägt: ein Erbstück von der verstorbenen Schwägerin ihrer Schwiegermutter.

Silvia Fuhrimann aus Oberönz besitzt die letzte bekannte originale Oberaargauer Tracht.

Der Stoff dazu wurde 1947 im Waldhof in Langenthal gewoben. Das 70-jährige Schmuckstück, das die Trägerin für eine simple wollene Ausgangstracht hielt, die nicht sonderlich bequem und schmuck ist, ist für ihr Alter gut in Schuss. 2001 liess die Trägerin die Samtbändel ersetzen.

Gefunden und geweckt

Von der grünen Tracht, die Jasmin Hugentobler unter der kundigen Anleitung von Beat Kobel von Hand nähte, unterscheidet sich die ursprüngliche nicht wesentlich. Auch sie erinnert an die Berner Mittelländer Ausgangstracht. Grün ist sie statt braun, die Samtbändel etwas schmaler. Das Schnittmuster ist nicht mehr das gleiche, weil die Frauen heute grösser und das Mieder damals kürzer war.

Marianne Ramseier, Obfrau des Landesteiles Oberaargau des DTV hat bereits sechs Trachten im Schrank.

Beiden ist eines gemein: Keine andere Tracht lässt sich so den Jahreszeiten anpassen. Im Sommer besteht sie aus Kittel, Mieder und Hemd mit weiten Ärmeln, im Winter aus einem Futtergestältli mit Wollstoffärmeln, Kittel und Mieder. (Berner Zeitung)

Erstellt: 07.06.2017, 17:35 Uhr

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